Landtag verabschiedet Polizeigesetz

Der nordrhein-westfälische Landtag hat am heutigen Mittwoch eine Änderung des Polizeigesetzes verabschiedet und damit ein zentrales Wahlversprechen der CDU-Fraktion umgesetzt. André Kuper erklärt die wesentlichen neuen Instrumente für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten:

Strategische Fahndung / Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrolle

Die Polizei erhält die Befugnis, Personen auch ohne einen konkreten Verdacht zu kontrollieren.

Das bedeutet: Personen dürfen von der Polizei angehalten werden, um sie nach ihrem Ausweis zu fragen und zu bitten, ihre Tasche oder den Kofferraum ihres Autos zu öffnen. Voraussetzung für die Kontrollbefugnis ist aber immer ein konkreter Anlass. Dies ist der entscheidende Unterschied zur anlasslosen Schleierfahndung, die mittlerweile in 14 von 16 Bundesländern zum polizeilichen Standard-Repertoire gehört.

Beispiel: Eine Einbruchsserie in einer bestimmten Gegend ermächtigt nun die Polizei, Kontrollen an großen Ausfallstraßen (ggf. auf dem Weg in das benachbarte Ausland) vorzunehmen.

Videobeobachtung

Mit dieser Gesetzesänderung wird es der Polizei zukünftig erleichtert, Kriminalitätsschwerpunkte wie z.B. Innenstadtplätze mit Videokameras zu beobachten. Bisher war die Beobachtung mit Videokameras nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Besondere gesetzliche Schutzmechanismen verhindern jedoch eine massenhafte Installation von Kameras.

Videobeobachtung bedeutet auch, dass die Polizei sicherstellen muss, dass die übertragenen Bilder „live“ begutachtet werden und ein sofortiges Einschreiten durch Polizeibeamte gewährleistet ist.

Beispiel: Beobachtung des Umfeldes eines großen Hauptbahnhofs im Ruhrgebiet, einer Partymeile in einer Altstadt.

Telekommunikationsüberwachung

Die NRW-Polizei bekommt mit dieser Regelung die Möglichkeit, bei unmittelbar bevorstehenden Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter laufende Telefongespräche mitzuhören und Textnachrichten mitzulesen – auch dann, wenn diese verschlüsselt sind (sog. „Quellen-TKÜ“). In vielen anderen Bundesländern ist das bereits seit Jahren Standard. Selbstverständlich steht auch dieses Instrument unter einem strikten Richtervorbehalt.

Aufenthaltsanordnung und Kontaktverbot

Sexualstraftäter, terroristische Gefährder, Pädophile, gewalttätige Partner oder Fußball-Hooligans sind in ihrer jeweiligen Ausgestaltung eine potenzielle Gefahr für ihre Mitmenschen und ihre Umwelt. Aus diesem Grund stehen der Polizei nunmehr in einem sog. Dreiklang rechtliche Instrumente zur Verfügung, um die potentiellen Opfer und Mitmenschen wirksam zu schützen.

In einem ersten Schritt kann ein Richter bspw. den gewalttätigen Partnern oder den Fußball-Hooligans verbieten, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder einen bestimmten Ort zu verlassen.

Beispiel: Dem gewalttätigen Partner, der seine Freundin regelmäßig schlägt, kann durch einen Richter verboten werden, sich an oder in der Wohnung seiner Freundin aufzuhalten. Gleiches gilt für den Pädophilen, dem es verboten ist, sich an einem bestimmten Kindergarten oder Spielplatz aufzuhalten.

Elektronische Fußfessel

Zur Verstärkung der vorgenannten Instrumente können diese Personengruppen – Pädophile, Sexualstraftäter, terroristische Gefährder – in einem zweiten Schritt verpflichtet werden, eine sog. „elektronischen Fußfessel“ zu tragen. Diese Verpflichtung kann ein Richter anordnen, wenn dadurch terroristische Straftaten oder andere schwerwiegende Gefahren verhindert werden können. Durch das technische Gerät namens „elektronische Fußfessel“ kann der Aufenthalt und die Einhaltung der richterlichen Anordnung der entsprechenden Person überwacht werden.

Polizeiliches Gewahrsam

Die dritte Möglichkeit, den o.g. kriminellen Personen Einhalt zu gebieten, ist das polizeiliche Gewahrsam. Je nach Schwere des Vorwurfs, zur Abwehr von Gefahren sowie zur Verhinderung von weiteren schweren Straftaten kann die Polizei eine Person in „Gewahrsam“ nehmen. Die Gewahrsams-Höchstzeiten variieren je nach Fall:

Terroristische Gefährder:      max. 14 Tage (+ max. 14 Tage Verlängerung)

Pädophile:                                      max. 7 Tage

Gewalttätige Partner:               max. 10 Tage

Fußball-Hooligans:                    max. 7 Tage

Identitätsverweigerer:             max. 7 Tage

Über die Anordnung des Gewahrsams entscheidet immer ein unabhängiger Richter.

Beispiel: Durch die Anordnung des Gewahrsams kann man der Freundin des gewalttätigen Mannes die Gelegenheit einräumen, ihre persönlichen Angelegenheiten (Austausch eines Türschlosses, Umzug in eine andere Wohnung/in eine andere Stadt) vorzunehmen, ohne daran von ihrem Freund gehindert zu werden.

Taser

Mit der Möglichkeit der Nutzung des sog. Taser erhält die Polizei ein zusätzliches Einsatzmittel. Diese sind mit der Reform grundsätzlich als Waffen für den Polizeivollzugsdienst zugelassen. Durch die technische Ausstattung des Taser – er enthält in der Regel zwei mit Widerhaken versehene Pfeile, die über dünne Drähte mit der Waffe verbunden sind – kann eine Person durch den elektrischen Schock vorübergehend handlungsunfähig gemacht werden.

Das Innenministerium hat eine Sonder-Website zum „Sicherheitspaket I“ erstellt: www.sicherheitspaketeins.nrw. Dort finden Sie alle notwendigen Informationen zur Reform des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes.

Bild: Kirchner